An der Börse ist man nicht gerade begeistert über den neuesten Coup von SAP. Der Softwarekonzern kauft für umgerechnet 4,6 Milliarden Euro den amerikanischen Partner Sybase. Aus der Portokasse zahlt auch ein Softwareriese wie SAP das nicht.
Grundsätzlich betrachten Analysten und Händler die Übernahme als sinnvoll. Schließlich kann SAP damit sein noch in der Entwicklung steckendes Datenbank-Geschäft voranbringen und zielt so direkt auf seinen schärfsten Konkurrenten Oracle, der mit Datenbanken groß geworden ist.
Datenbankspezialist Sybase ist groß bei mobilen Datendiensten, und SAP hofft mithilfe der Kalifornier auf dem Wachstumsmarkt der Smartphones mitmischen zu können. SAP will Mobilfunknutzern über ihre Smartphones unterwegs Zugang bieten auf Firmendaten aus der Buchhaltung, der Produktionssteuerung oder dem Kundenmanagement. Ziel sei es „den Kunden Geschäftsdaten jederzeit auf jedem Gerät zur Verfügung zu stellen“, sagte SAP-Vorstandschef Jim Hagemann Snabe am Donnerstag auf einer Telefonkonferenz. SAP hofft, Millionen zusätzlicher Kunden zu gewinnen.
Analysten sind skeptisch
Dennoch zweifelt die Börse, wie die heutigen Kursverluste der SAP-Aktie zeigen. Die Analystengilde ist nicht minder skeptisch. Die Frage sei, ob es SAP gelingen wird, das Optimum aus dem Zukauf herauszuholen, hieß es. SAP habe bei Zukäufen und der Nutzung der erworbenen Technologien nicht immer ein glückliches Händchen gehabt, sagte Jack Gold von J.Gold Associates, der den Deal aber insgesamt positiv beurteilt.
Der Markt werde Zeit brauchen, die Logik dieser überraschenden Übernahme nachzuvollziehen, heißt es in einem aktuellen Kommentar von Goldman Sachs. Analyst Mohammed Moawalla sieht das entscheidende Kaufmotiv für SAP in den Plattformen von Sybase für Smartphones, die in den letzten Jahren der Wachstumstreiber für das US-Unternehmen gewesen seien. Er beließ die Aktie zunächst auf „Neutral“ mit einem Kursziel von 42 Euro.
Auch die UBS ist zwiegespalten. Analyst Michael Briest erneuerte zwar seine Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 40 Euro. Die Übernahme sei werthaltig und werde den Gewinn je Aktie (EPS) bei SAP im Jahr 2011 auch ohne Synergieeffekte um acht Prozent steigern. Allerdings bewertete er den geplanten Deal als teuer. SAP will immerhin 5,8 Milliarden Dollar oder umgerechnet 4,6 Milliarden Euro zahlen. Je Aktie sind das 65 Dollar je Aktie. Sybase selbst habe aber gesagt, die eigene Aktie habe seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr über 50 Dollar geschlossen, so Briest.
Kursfeuerwerk bei Sybase
In der Tat notierte die Sybase-Aktie noch bei 42 Dollar, bevor erste Gerüchte den Kurs gestern an der Wall Street über 50 Dollar trieben. Am Ende ging das Papier mit einem Plus von 35 Prozent beim Stand von 56,14 Dollar aus dem Handel. Als dann nach US-Börsenschluss die offizielle Bestätigung von SAP und Sybase nebst Kaufpreis nachgereicht wurde, ging es im nachbörslichen Handel weitere 15 Prozent rauf bis auf 64,50 Dollar.
Für die Übernahme kann SAP auf seine Barreserven von zuletzt drei Milliarden Euro zurückgreifen. Das reicht aber nicht, die Walldorfer müssen sich zusätzlich noch Geld von den Banken leihen. Barclays und Deutsche Bank verlangen für den Kredit über 2,75 Milliarden Euro einen Zinssatz von 2,4 Prozent, der über drei Jahre festgeschrieben wurde. Laut SAP-Finanzchef Werner Brandt werde sich die Übernahme weniger durch Kosteneinsparungen als durch zusätzlich mögliche Geschäfte rechnen.
Positive Effekte brauchen Zeit
Auch wenn die SAP-Aktie heute verliert: Ein Händler sieht für den weiteren Kursverlauf nicht schwarz. Die Papiere sollten nicht ähnlich stark unter Druck kommen wie nach der Übernahme von Business Objects, als sie binnen vier Wochen 15 Prozent abgegeben hatten.
Das Gebot für Sybase bezeichnete er als vernünftig, obgleich der Markt erst einmal die Beweggründe durchdenken dürfte. Die geplante Übernahme ändere nichts an seiner tendenziell positiven Einschätzung von SAP, auch wenn die Walldorfer nur wenig Details bekanntgegeben hätten. Technologisch mache ein Kauf von Sybase Sinn. Allerdings teile er die Sorgen von Anlegern, dass die positiven Auswirkungen sich erst nach einiger Zeit bemerkbar machen dürften.
Sybase ist rentabler als SAP
Sybase erwirtschaftete zuletzt bei einem Jahresumsatz von knapp 1,2 Milliarden Dollar nach den Worten seines Vorstandschefs John Chen eine operative Marge von 30 Prozent und ist damit etwas rentabler als der vielfach größere SAP-Konzern mit zuletzt 2,5 Milliarden Euro Umsatz im jüngsten Quartal. Die Transaktion soll im dritten Quartal dieses Jahres abgeschlossen werden.
Quelle:wwww.boerse.ard.de