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Der deutsche Softwarekonzern SAP will mit der milliardenschweren Übernahme seines US-Partners Sybase in neue Dimensionen vorstoßen und Millionen zusätzlicher Kunden gewinnen. SAP vereinbarte am Mittwoch mit dem auf mobile Datendienste spezialisierten Unternehmen aus Kalifornien die Übernahme für umgerechnet 4,6 Milliarden Euro. Für den zweiten großen Zukauf binnen drei Jahren will SAP seine Barreserven anzapfen und einen dreijährigen Kredit über 2,75 Milliarden Euro aufnehmen.

Nach der Übernahme von Business Objects im Jahr 2007 für 4,8 Milliarden Euro soll der Erwerb von Sybase den Marktzugang zu Mobilfunkkunden sichern, die über ihre Telefone Geschäftsdaten empfangen oder versenden können. SAP könne so künftig „Milliarden von Nutzern“ erreichen, begründete Co-Vorstandschef Bill McDermott die teure Expansion. „Unser Ziel ist es, den Kunden Geschäftsdaten jederzeit, überall und auf jedem Gerät zur Verfügung zu stellen“, ergänzte Co-Chef Jim Hagemann Snabe. SAP kaufe keine Marktanteile, sondern werde zusammen mit Sybase als weiterhin eigenständigem Unternehmen – unter einem gemeinsamen Dach – „immense“ Umsätze erwirtschaften.

Ziel der mit einem deutlichen Aufschlag auf den Aktienkurs abgegebenen Übernahmeofferte für Sybase ist die Sicherung einer Mehrheit an dem US-Unternehmen, mit dem SAP schon länger kooperiert. Den Sybase-Aktionären werden 65 Dollar (51,2 Euro) je Anteilsschein geboten, ein Premium von 44 Prozent auf den Durchschnittskurs in den vergangenen drei Monaten. Der Verwaltungsrat von Sybase habe der Offerte bereits einstimmig zugestimmt, teilte SAP mit. Die Übernahme solle im dritten Quartal abgeschlossen sein und sich unmittelbar positiv im Ergebnis niederschlagen. Sybase erwirtschaftete zuletzt bei einem Jahresumsatz von knapp 1,2 Milliarden Dollar nach den Worten seines Vorstandschefs John Chen eine operative Marge von 30 Prozent und ist damit etwas rentabler als der vielfach größere SAP-Konzern mit zuletzt 2,5 Milliarden Euro Umsatz im jüngsten Quartal.

Für die Übernahme kann SAP auf seine Barreserven von zuletzt drei Milliarden Euro zurückgreifen, muss sich aber noch Geld von den Banken Barclays und Deutsche Bank leihen. Der Zinssatz sei auf 2,4 Prozent über drei Jahre festgeschrieben worden, sagte SAP-Finanzchef Werner Brandt. Die Übernahme werde sich weniger durch Kosteneinsparungen als durch zusätzlich mögliche Geschäfte rechnen, sagte der Finanzchef.

SAP werde durch die Zusammenführung seiner fast 100.000 Firmen umfassenden Kundenbasis mit der Sybase-Technologie zum Marktführer für mobile Datendienste aufsteigen, stellte Co-Chef Hagemann Snabe in Aussicht. Mit dem Einstieg bei Sybase will der deutsche Konzern zudem sein noch in der Entwicklung steckendes Datenbank-Geschäft voranbringen und zielt damit direkt auf seinen schärfsten Konkurrenten Oracle, der mit Datenbanken groß geworden ist.

SAP-Mitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner treibt seit Jahren im Hintergrund die Entwicklung von sogenannten In-Memory-Datenbanken voran, die Datenspeicherung auf Festplatten überflüssig und Datenanfragen somit deutlich schneller machen soll. Diese Technologie soll mit der Expertise von Sybase vereint werden, um Nutzer von Smartphones unterwegs Zugriff auf Firmendaten aus der Buchhaltung, der Produktionssteuerung, dem Kundenmanagement sowie schnelle Datenbankenabfragen zu ermöglichen. Zur Jahresmitte will SAP – nach jahrelanger Verzögerung – seine neue Mittelstandssoftware auf den Markt bringen und damit in den Markt für Mietsoftware vorstoßen, dem Experten großes Wachstumspotenzial voraussagen.

An der New Yorker Börse verloren die SAP-Aktien am Mittwoch bis Handelsschluss rund ein Prozent, Sybase-Aktien verteuerten sich um 35 Prozent auf 56,14 Dollar. SAP hatte die Offerte erst nach der Schlussglocke auf dem Parkett in New York bekanntgegeben.

Weitere Informationen unter:www.sap.de