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Am letzten Sitzungstag in dieser Legislaturperiode am 03.07.2009 hat der Bundestag die stark umstrittene Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) doch noch verabschiedet. Auch der Bundesrat hat am 10.07.2009 zugestimmt, so dass die BDSG-Novelle am 01.09.2009 in Kraft tritt. Die BDSG-Novelle stellt einen Kompromiss zwischen Wirtschafts- und Verbraucherschutzinteressen dar. So ist für die Verwendung von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken zwar künftig eine vorherige Einwilligung der Betroffenen, ein sog. Opt-in, erforderlich. Allerdings wird dieses Opt-in-Erfordernis durch eine Anzahl von leider nicht sehr klar gefassten gesetzlichen Ausnahmen durchbrochen. Unter dem Strich kommt es im Werbebereich gegenüber der bisherigen Rechtslage zu Einschränkungen, die genauso wie einige der übrigen Änderungen des Datenschutzrechts erhebliche Auswirkungen auf das CRM haben.

Am letzten Sitzungstag in dieser Legislaturperiode am 03.07.2009 hat der Bundestag die stark umstrittene Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) doch noch verabschiedet. Auch der Bundesrat hat am 10.07.2009 zugestimmt, so dass die BDSG-Novelle am 01.09.2009 in Kraft tritt. Die BDSG-Novelle stellt einen Kompromiss zwischen Wirtschaftsund Verbraucherschutzinteressen dar. So ist für die Verwendung von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken zwar künftig eine vorherige Einwilligung der Betroffenen, ein sog. Opt-in, erforderlich. Allerdings wird dieses Opt-in-Erfordernis durch eine Anzahl von leider nicht sehr klar gefassten gesetzlichen Ausnahmen durchbrochen. Unter dem Strich kommt es im Werbebereich gegenüber der bisherigen Rechtslage zu Einschränkungen, die genauso wie einige der übrigen Änderungen des Datenschutzrechts erhebliche Auswirkungen auf das CRM haben.

Bisherige Rechtslage

Nach bisher geltendem Datenschutzrecht erfolgt die für das CRM essenzielle Verarbeitung und Nutzung von Adressund Kundendaten auf zwei alternativen Grundlagen: Entweder es liegt eine vorherige Einwilligung der Betroffenen (Opt-in) vor, was noch relativ selten ist. Oder die benötigten Daten werden auf der Basis von gesetzlichen Erlaubnistatbeständen verarbeitet. Zu den gesetzlichen Erlaubnistatbeständen gehören neben der Datenverarbeitung im Rahmen von Vertragsverhältnissen, die eine Verarbeitung zu Vertragsabwicklungsund Beratungs-, nicht aber zu Werbezwecken erlaubt, das sog. Listenprivileg, die Verarbeitung von Daten aus öffentlichen Quellen sowie vor allem die sog. datenschutzrechtliche Generalklausel.

Mit dem Listenprivileg ist es möglich, Adresslisten bestimmter, durch ein gemeinsames Merkmal gekennzeichneter Personengruppen, z. B. Hobbygärtner, mit Berufs-, Branchenoder Geschäftsbezeichnung, Namen, Anschrift und Geburtsjahr für Werbezwecke an andere Unternehmen zu übermitteln oder zur einmaligen Nutzung zu „vermieten“. Das Listenprivileg bildet die Grundlage für die Neukundengewinnung durch adressierte Werbebriefe mit angekauften oder angemieteten fremden Adresslisten. Soweit schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht offensichtlich überwiegen, können auch Daten aus allgemein zugänglichen Quellen wie öffentlichen Verzeichnissen oder Medien, z. B. dem Internet, für das CRM verwendet werden. Die datenschutzrechtliche Generalklausel lässt darüber hinaus sämtliche Datenverarbeitungen zu Werbeund CRM-Zwecken zu, solange, wie z. B. bei sensiblen Daten, keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen überwiegen. All diesen gesetzlichen Erlaubnistatbeständen ist ein Opt-out-Prinzip gemeinsam: Sie gelten solange, bis der Betroffene der Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken widerspricht.

Vom Opt-outzum Opt-in-Prinzip bei werblicher Nutzung

Die BDSG-Novelle ersetzt das bestehende Opt-out-Prinzip durch ein Opt-in-Prinzip. Datenverarbeitungen und -nutzungen zu Zwecken der Werbung und des Adresshandels sind in Zukunft grundsätzlich nur noch mit vorheriger Einwilligung der Betroffenen (Opt-in) zulässig. Von diesem Opt-in-Prinzip im Werbebereich gibt es ein paar wenige gesetzliche Ausnahmen, um die im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt gerungen wurde.

Ausnahmen vom Opt-in-Prinzip im Werbebereich

Im Großen und Ganzen existieren fünf Ausnahmefälle, in denen personenbezogene Daten im Werbebereich ohne Opt-in genutzt werden dürfen. Wenigstens in vier Fällen ist allerdings Voraussetzung, dass ausschließlich sog. Listendaten verwendet werden und zudem keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen. Listendaten sind folgende personenbezogene Daten: die Berufs-, Branchenoder Geschäftsbezeichnung, der Name, Titel und akademische Grade, die Anschrift und das Geburtsjahr. Keine Listendaten sind dagegen das Geburtsdatum, die Telefonnummer, die E-Mail-Adresse etc. Im Einzelnen bestehen folgende fünf Ausnahmen:

Bewerbung eigener Angebote: Die Eigenwerbung ist in zweierlei Hinsicht privilegiert.

Zum einen dürfen Unternehmen eigene Angebote mit Hilfe von Listendaten bewerben, die sie zuvor selbst im Rahmen eines Vertragsverhältnisses oder eines „rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses“ erhoben haben. Damit bleibt die gezielte Ansprache per Post gegenüber Bestandskunden und Interessenten, zu denen bereits ein engerer Kontakt im Sinn eines vertragsähnlichen Verhältnisses bestand, auch ohne Opt-in möglich. Zu beachten ist, dass künftig schon bei Vertragsschluss oder Begründung des rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses auf das Recht der Betroffenen, der werblichen Nutzung ihrer Daten jederzeit widersprechen zu können hingewiesen wird.

Zum anderen ist es erlaubt, zur Eigenwerbung Listendaten zu benutzen, die aus allgemein zugänglichen Adress-, Rufnummern-, Branchenoder vergleichbaren Verzeichnissen entnommen wurden.

In beiden Fällen dürfen zu Selektionszwecken zwar weitere rechtmäßig erhobene oder übermittelte Daten zu den Listendaten hinzugespeichert, aber ohne Opt-in nicht weitergehend für die werbliche Ansprache eingesetzt werden. Folglich schränkt die BDSGNovelle über ihr ursprüngliches Ziel der Eindämmung des Adresshandels hinaus auch die Verwendung von selbst generierten Adressund Kundendaten für die Eigenwerbung erheblich ein.

B2B-Werbung und Spendenwerbung:

Die zweite und dritte Ausnahme vom Opt-inPrinzip sind die B2Bund die Spendenwerbung. Es ist weiterhin zulässig, Unternehmen unter deren Geschäftsadresse anzuschreiben. Hierbei dürfen jetzt auch Listendaten konkreter Ansprechpartner im Unternehmen verwendet werden. Ferner sind gemeinnützige Organisationen vom Opt-in-Erfordernis befreit, wenn sie mit Listendaten für Spenden werben.

Datenübermittlung an Dritte für Werbezwecke:

Übermittlungen von Listendaten an Dritte für Werbezwecke bleiben zulässig, wenn in jeder Werbeaussendung des Dritten die Herkunft der Daten, also das Unternehmen, das die Daten erstmals erhoben hat, eindeutig ausgewiesen, d. h. im Klartext benannt, ist. Außerdem soll der gesamte Datenübermittlungsweg dadurch nachvollziehbar gemacht werden, dass ab dem 01.04.2010 jede Datenübermittlung mit Herkunft der Daten und Empfänger für zwei Jahre ab Übermittlung gespeichert werden muss, um den Betroffenen auf Verlangen entsprechende Auskünfte erteilen zu können. Unter diese Ausnahme dürften, auch wenn der Wortlaut der BDSG-Novelle nur von „Datenübermittlung“ spricht, alle Fälle des bisherigen Listenprivilegs fallen, also neben dem Ankauf fremder Adresslisten auch deren bloße Anmietung zur einmaligen Nutzung. Daher bleibt im Ergebnis das Listenprivileg mit den beschriebenen neuen Anforderungen an die Transparenz der Datenquelle und des Datenübermittlungswegs erhalten.

Werbung für fremde Angebote:

Die fünfte Ausnahme vom Opt-in-Prinzip lässt eine Datennutzung für Fremdwerbung zu, wenn in jeder Werbeaussendung die für die Datennutzung verantwortliche Stelle eindeutig, d. h. wiederum im Klartext, erkennbar ist. Hierdurch sollen die Beipackwerbung und die Empfehlungswerbung vom Opt-inErfordernis freigestellt werden. Nach dem Wortlaut der BDSG-Novelle ist diese Ausnahme vom Opt-in-Prinzip nicht auf Listendaten und nicht durch etwaige entgegenstehende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beschränkt. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um ein Versehen des Gesetzgebers, da kein Grund ersichtlich ist, weshalb Fremdwerbung weitergehend vom Opt-in-Prinzip ausgenommen sein sollte als Eigenwerbung.

Neue formelle Anforderungen an Opt-ins

Wenn keiner der Ausnahmefälle eingreift, muss vor Verwendung personenbezogener Daten für Werbezwecke ein Opt-in eingeholt werden. Die formellen Anforderungen an solche vorherigen Einwilligungserklärungen der Betroffenen sind durch die BSDG-Novelle für den Werbebereich speziell geregelt worden. Opt-ins sind jetzt entweder in Schriftform, d. h. mit eigenhändiger Unterschrift des Betroffenen, oder elektronisch zu erteilen, wobei die elektronische Einwilligung protokolliert werden und für den Betroffenen jederzeit abrufbar sowie widerrufbar sein muss. In anderer Form, z. B. mündlich, erteilte Opt-ins sind schriftlich zu bestätigen. Werden Opt-ins zusammen mit anderen schriftlichen Erklärungen, z. B. AGB, abgegeben, müssen sie in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorgehoben werden. Ferner dürfen marktbeherrschende Unternehmen Vertragsabschlüsse nicht von der Erteilung eines Opt-in abhängig machen (sog. Koppelungsverbot).

Auch wenn in der BDSG-Novelle nicht geregelt, bleibt weiterhin gültig, dass Opt-ins in EMail-, SMS-, Faxund Telefonwerbung einer aktiven und separaten Einwilligung des Betroffenen durch gesonderte Unterschrift oder ein Ankreuzkästchen bedürfen. Ungeregelt geblieben sind auch die inhaltlichen Anforderungen an Opt-ins, so dass hierfür nach wie vor der strenge und nicht sehr klare Grundsatz der Rechtsprechung gilt, dass die persönliche, sachliche und zeitliche Reichweite von Opt-ins möglichst genau beschrieben werden muss.

Übergangsfrist für bis zum 01.09.2009 erhobene Daten

Die BDSG-Novelle tritt am 01.09.2009 in Kraft. Bis zum 01.09.2009 erhobene Daten können allerdings noch bis zum 31.08.2012 nach der alten Rechtslage verarbeitet und genutzt werden.

Weitere wesentliche Neuerungen

Neben den Verschärfungen im Werbebereich bringt die BDSG-Novelle einige weitere wesentliche Neuerungen mit sich. So wird beispielsweise die Stellung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten durch einen erhöhten Kündigungsschutz und bessere Fortbildungsmöglichkeiten gestärkt, die Anforderungen an die Auftragsdatenverarbeitung werden konkretisiert, die Zulässigkeit der Verwendung von personenbezogenen Daten für Marktund Meinungsforschung wird neu geregelt, Unternehmen und die öffentliche Hand werden zur Information über gravierende Datenpannen verpflichtet und nicht zuletzt werden auch die Bußgeldtatbestände bei Datenschutzverstößen ausgeweitet und erhöht.

Alles in allem hat die BDSG-Novelle erhebliche Auswirkungen auf das CRM, mit denen sich Unternehmen möglichst bald befassen sollten.

Dr. Markus Klinger, Fachanwalt für IT-Recht, KLEINER Rechtsanwälte, Stuttgart www.kleiner-law.com/do-marketing