Es wird in letzter Zeit viel über Social CRM gesprochen und auch ich hatte letzte Woche die Gelegenheit, auf dem Deutschen Dialogmarketingkongress 2011 in Kassel meinen Standpunkt zu vertreten. So viel vorweg: Mein Eindruck ist, eigentlich alle “klassische Direktmarketer” sehen die Notwendigkeit, sich den Social Themen zu widmen sehr wohl, haben aber nicht selten ein gespaltenes Verhältnis zu Social Media Marketing, weil dieses nach eigenen Regeln funktioniert und so ganz und gar nicht in die extrem absatzsorientierte und vermeintlich steuerbare Welt des Direktmarketing passen will.
So war denn auch im Titel der Veranstaltung zu lesen: “Dialogmarketing im Spannungsfeld zwischen Direct Mail und Social Media”. Dabei hätte es, meines Erachtens, treffender lauten müssen: “Dialogmarketing: ein spannendes Feld zwischen Direct Mail und Social Media”. Denn mit Spannung, Plus oder Minus, entweder zum einen Pol oder zum anderen, hat das Verhältnis nichts zu tun. Es ist eher ein synergetisches, eines, von dem beide Kommunikationsformen profitieren. Das will ich im folgenden kurz darlegen:
1. Social Media Marketing liefert jede Menge Return on Invest (ROI)
Über Social Media sind wir unseren Kunden so nahe, wie nie zuvor. Sie sagen uns ihre ehrliche Meinung: was ihnen gefällt und was ihnen nicht so passt. Sie lassen uns in ihre Freizeit und sogar in ihre Wohnzimmer blicken. Geben uns Feedback bei Umfragen und liefern uns Ideen, die uns helfen, Produkte und Services noch bedarfsgerechter zu entwickeln. Darüber hinaus ermöglichen uns Soziale Medien den Support zu optimieren, Wissen zu transferieren, Kampagnen zu verlängern, Kunden zu binden, Markenfans zu Markenbotschaftern zu konvertieren, Verkostungssituationen zu schaffen und direkt abzuverkaufen – um nur einige der vielfältigen Nutzen von Social Media im Rahmen des Kunden-Beziehungsmanagements zu nennen.
2. Die Einbindung Sozialer Medien in den Kommunikationsmix ist für das klassische Direktmarketing von großem Nutzen
Nur ein Beispiel: Das Online Monitoring des Social Web liefert nicht nur Informationen dazu, wer wie über eine Marke spricht. Es liefert vor allem strategierelevantes Feedback. Etwa, welche Themen die Menschen wirklich interessieren und welches die Stärken und Schwachstellen eines Produktes oder Services sind. Das ist für die Themen- und Aktionsplanung wichtig, aber eben z. B. auch für die Kundenansprache via Direct Mail. Denn es ermöglicht von vornherein eine punktgenaue Ansprache der (potenziellen) Kunden und in Folge dessen: bessere Responseraten bzw. Conversions. Warum also immer nur nachträglich optimieren, wenn man mit Hilfe Sozialer Medien auch im Vorfeld den Boden für erfolgreiches Direktmarketing bereiten kann. – Direktmarketing und Social Media Marketing sind keine Alternativen, sondern ein gutes Gespann. Denn Social Media Marketing kann den klassischen Dialog-Prozess in jeder Phase qualitativ unterstützen: vorgelagert (z. B. im Rahmen von Themenfindung, Userexperience, Feedback), begleitend und nachgelagert (z. B. beim Support
3. Touchpoint-Marketing löst allmählich Zielgruppentargeting ab
Was nutzt mir die präziseste Zielgruppensegmentierung, wenn die Personen, die ich ansprechen will, der Werbung gegenüber verschlossen sind? Wir erleben es ja täglich in der Praxis: Immer mehr Menschen machen dicht, reagieren abweisend oder gar nicht, wenn sie unaufgefordert mit Werbebotschaften konfrontiert werden. Das Ergebnis: Klickraten im atomaren Bereich, obgleich die Banner genau getargetet wurden; Offline-Mailings wandern ungeöffnet in den Papierkorb, obwohl der Empfänger eigentlich zur Kernzielgruppe gehört. – Ich glaube, wir Werber müssen radikal umdenken. Endlich verstehen, dass wir es (zukünftig mehr denn je) mit einem Publikum zu tun haben, welches selber entscheidet, wann wo und wie es mit einer Marke interagieren will. Das gängige Kommunikations(?)prinzip – omnipräsente Marken als Sender, welche dem User nicht die Wahl lassen zu entscheiden, ob er sich nun mit Werbung befassen will oder nicht – ist obsolet. Marken werden immer mehr nur geduldet, sind diejenigen, die froh sein dürfen, wenn der Konsument Zeit für sie hat (Stichwort: “Nerv-mich-nicht-Gesellschaft”). Und deshalb ist es der falsche Weg, die sog. Zielgruppe mit immer ausgefeilteren Werbetricks zu bombadieren. Sondern: Man wird in der Konsumentenansprache künftig zurückhaltender vorgehen müssen, den Kunden kommen/entscheiden lassen. Weniger gleich mit der Tür ins Haus fallen, denn viel mehr nur Berührungspunkte schaffen und diese möglichst ubiquitär im Internet verorten, um Gesprächsansätze zu haben: Das ist eigentlich heute schon eine Hauptaufgabe der Zielgruppenansprache, wird es aber künftig noch mehr. Jedes Unternehmen wird sich fragen müssen: “Wie können wir möglichst unaufdringlich “thematische Stolpersteine” im Netz verbreiten, welche dazu beitragen, dass sich der User über das Thema mit der Marke auseinandersetzen will?”
4. Der kontinuierliche Community-Aufbau ist nachhaltiger als das ewige Kampagnen-Stakkato
Haben wir nicht viel zu lange Millionenbudgets in schnelle Wirkung gepumpt? Ohne zu hinterfragen, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, mehr mit den Menschen zu machen, die man kurzfristig “heiß” gemacht hat. Wäre es nicht wesentlich effektiver, Kontakte und Kunden nicht einfach laufen zu lassen, auch wenn es mit dem Abverkauf geklappt hat? Social Communities setzen genau da an: binden Fans, Kunden und solche Menschen, die es einmal werden können. Und machen deshalb mehr aus dem Kontakt. – Wenn Ihr mich fragt: “50% der Werbeinvestments sind rausgeworfenes Geld, und ich weiß auch genau welche: nämlich die, die nicht in den Community-Aufbau einzahlen.”
Weiter lesen unter:www.brainwash.webguerillas.de/social-media/direktmarketing-crm-socialdialog/