Mannheim – Der größte
europäische Softwarehersteller SAP rechnet nicht mit einer
kurzfristigen Erholung auf dem Markt für
Informationstechnologie. Auch bei einer erwarteten Erholung der
Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr, sei nicht unmittelbar mit
deutlich höheren IT-Investitionen zu rechnen, sagte
Vorstandssprecher Henning Kagermann auf der Hauptversammlung in
Mannheim. „Die Erfahrung zeigt: Die Erlöse mit
Software-Lizenzen ziehen mit einer Verzögerung von einigen
Monaten an.“
Dennoch hält der Walldorfer Konzern an seinen Umsatz- und
Ertragszielen für 2002 fest. Die um Aktienoptionsprogramme und
Zukäufe bereinigte operative Gewinnmarge solle bis Ende des
Jahres auf mindestens 21 Prozent steigen, einen Prozentpunkt mehr
als im vergangenen Jahr, so Kagermann. „Dabei geht SAP davon aus,
dass der Umfang der Margenverbesserung im zweiten Halbjahr deutlich
sichtbarer wird“, fügte er hinzu. Im ersten Quartal hatte SAP
14 Prozent Rendite erreicht. Der Konzernumsatz soll sich 2002 wie
geplant um rund 15 Prozent erhöhen.
Mit einer erweiterten Produktpalette wolle SAP auch
verstärkt kleine und mittlere Unternehmen als Kunden gewinnen,
sagte Kagermann. Die Aktivitäten von Microsoft in diesem
Bereich behalte SAP durchaus im Blick, sagte Firmenmitgründer
Hasso Plattner, gemeinsam mit Henning Kagermann Sprecher des
Vorstandes. „Für unsere Entwickler wird das ein Ansporn sein.
Wir sind gut gerüstet“, erklärte Plattner. Microsoft will
nach einem Bericht der Financial Times für bis zu 1,5 Mrd.
Dollar (1,7 Mrd. Euro) den dänischen Softwarehersteller
NavisionDamgaard übernehmen. Navision ist auf
Anwendungssoftware für kleine und mittelgroße
Unternehmen spezialisiert.
Befürchtungen einer härteren Konkurrenz SAP wegen der
geplanten Übernahme sieht Plattner gelassen. „Wir nehmen das
sehr ernst, ohne vor dem Riesen Microsoft Angst zu haben“, sagte
er. Microsoft zeige mit diesem Schritt zwar seinen Willen, alle
Bereiche betriebswirtschaftlicher Software abzudecken. Dass der
US-Konzern kurz nach Great Plains erneut eine Firma in diesem
Bereich erwerben wolle, zeuge aber auch von mangelnder
Marktkenntnis. Er zweifele daran, dass die Produkte der
dänischen Navision mit Great Plains zusammenpassten, sagte
Plattner. Das Verhältnis mit Microsoft, immerhin einem
Technologiepartner von SAP, sei aber schwieriger geworden.
Überraschend hat sich SAP kurzfristig für eine Abkehr
von seinem bisherigen Wirtschaftsprüfer Andersen entschieden.
Aufsichtsratschef Dietmar Hopp sagte, das Aufsichtsgremium habe
seinen ursprünglichen Beschluss revidiert und schlage nun die
KPMG als Abschlussprüfer für das Jahr 2002 vor. Der
internationale Arthur Andersen-Verbund sei nach der Pleite des
US-Energieversorgers Enron stärker auseinandergebrochen als
erwartet, so Hopp. Andersen hatte sich in Deutschland in der
vergangenen Woche für ein Zusammengehen mit der Stuttgarter
Ernst & Young und gegen die Fusion mit KPMG entschieden. Von
den 30 größten börsennotierten Firmen war SAP der
einzige deutsche Kunde von Andersen. Noch im März hatte SAP
angekündigt, an Andersen festzuhalten.
Quelle:DW