Hersteller von Unternehmenssoftware haben in
den vergangenen beiden Tagen deutliche Rückschläge an den
Börsen hinnehmen müssen. Schwergewichte wie SAP, Siebel
oder Oracle wurden mit in den Abwärtstrend gerissen, der
ursprünglich von Gewinnwarnungen kleinerer Firmen wie Onyx und
Epiphany ausgelöst worden war.
Für zusätzliche Skepsis an den Börsen sorgten
Peoplesoft und Broadvision, die am Dienstag ebenfalls ihre
Prognosen senkten. Die jüngsten Warnungen wurden von Analysten
als neues Signal dafür gewertet, dass kleinere Softwarefirmen
von der Branchenkrise besonders hart getroffen werden. Unternehmen
setzen derzeit eher auf erprobte Namen, die schon lange im
Geschäft sind. Außerdem sind die enttäuschenden
Zahlen von Anbietern wie Peoplesoft auch ein weiteres Indiz
für die anhaltend matte Investitionslaune der Unternehmen.
Der erhoffte Konjunkturaufschwung soll sich nach Vorhersagen
zuerst in der Informationstechnologie zeigen, da bei den Firmen
nach sparsamer Haushaltspolitik inzwischen wieder Nachholbedarf
bestehe. Doch ob die Wende wirklich im zweiten Halbjahr die Krise
ablöst, gilt nach den neuesten Zahlen wieder als unsicher.
Peoplesoft gehört zu den wenigen Softwarefirmen, die bisher
vergleichsweise unbeschadet über die Krise gekommen sind.
Besonders erfolgreich verkauften die Kalifornier ihre Software zur
Kundenbetreuung oder zum Customer Relationship Management (CRM).
Doch im ersten Quartal diesen Jahres blieb Peoplesoft beim
Lizenzgeschäft mit 130 bis 135 Mio. $ weit unter den
Erwartungen von 160 Mio. $.
Lizenzumsätze als wichtigste Kennzahl
Lizenzumsätze gelten bei Softwareunternehmen als wichtigste
Kennzahl für die Geschäftslage. Der Gewinn wird mit 14
Cent pro Aktie voraussichtlich um ein Cent unter der
durchschnittlichen Analystenschätzung liegen. Peoplesofts
Aktienkurs brach nach dieser Meldung amDienstag in New York bis zum
Nachmittag um 29 Prozent auf 26,63 $ ein. Die Zahlen der
Kalifornier waren auch schlechte Nachrichten für den
Wettbewerber SAP, dessen Kurs in Frankfurt um fünf Prozent auf
165 Euro nachgab.
Vor allem der Absatz mit den bislang erfolgreichen
CRM-Programmen könnte bei Peoplesoft gestockt haben, vermutet
Norbert Loeken, Analyst bei WestLB Panmure. Firmen sehen diese
Anwendungen nicht als unternehmenskritisch an und verschieben deren
Anschaffung. „Wir glauben, dass Peoplesoft zum Quartalsende 30 bis
40 Abschlüsse knapp verpasst hat“, sagt John Segrich von
Goldman Sachs. Firmen hätten im letzten Augenblick
gezögert, möglicherweise aus Vorsicht, weil ihre eigenen
Geschäfte noch nicht entsprechend laufen.
Segrich sieht die Branche insgesamt in einer
Übergangsphase: „Die Anzeichen für eine
makroökonomische Besserung der Wirtschaftslage in Amerika und
teilweise auch in Europa haben noch nicht zu einer Erholung des
Technologiemarktes geführt.“ Wenn die Unternehmen in den
kommenden sechs bis acht Wochen keine wesentlichen neuen Impulse
sehen, werden sie weiterhin nur vorsichtig investieren. „Für
Softwarefirmen könnte es dann schwierig werden, die
Erwartungen für das zweite Quartal und das zweite Halbjahr zu
erfüllen.“
Nischenanbieter leiden besonders
Kleinere Unternehmen sind schon jetzt hart getroffen. „Die haben
es sehr, sehr schwer“, sagt Torsten Schellscheidt von der WestLB
Panmure, „denn die großen Unternehmen gehen verstärkt
auf deren Nischen zu.“ Das spürte auch Intershop-Konkurrent
Broadvision, der sich immer weiter vom ursprünglichen
Geschäft E-Commerce-Programme in Bereiche wie das
Webseiten-Management vorgewagt hat. Auch Epiphany kürzte seine
Umsatzerwartung – von 28,3 Mio. $ auf 22 Mio. $ – und senkte die
Ergebnisprognose von einem Verlust von 14 Cent auf ein Minus von 20
Cent. Der Kurs des Unternehmens lag Dienstag Nachmittag um 69 Cent
niedriger bei 6,36 $.
© 2002 Financial Times Deutschland