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von Herman Bodewes

26.01.2014- Beim Einsatz von Customer Relationship Management (CRM) in der Agrarwirtschaft geht es nicht primär darum, die Kontaktfrequenz zu erhöhen, sondern B2B-Prozesse optimal zu gestalten.

Fleisch, Molkereiprodukte, Gemüse – der Markt verlangt hervorragende Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen. Auch die modernen Bauern, die zugleich Eigentümer, Manager und wichtigste Kapitalgeber ihrer Familienbetriebe sind, reagieren darauf: mehr und mehr verstehen sie sich auch als Unternehmer. Sie sind anspruchsvoll, sie spezialisieren sich, und sie suchen sich die besten Lieferanten. Sie wissen, dass sie gegen die großen, industriell geprägten Erzeuger nur bestehen können, wenn sie sich weiter professionalisieren und ihre Betriebsabläufe optimieren.

Im Rahmen einer modernisierten Betriebsführung setzt sich der Bauer mit seinen Lieferanten kaum noch am Küchentisch zusammen. Entsprechend haben die Lieferanten in der Agrarkette das persönliche Verhältnis zu ihren bäuerlichen Kunden oft aus den Augen verloren. Dies schwächt nicht nur die Effizienz der gesamten Agrarkette, es verkennt auch die wachsende Bedeutung individueller Bedürfnisse der modernen und oft spezialisierten bäuerlichen Betriebe. Wollen Lieferanten aber den sich wandelnden Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht werden, muss sich die Agrarkette von einer rein produktorientierten Sicht verabschieden und sich stärker am Kunden, dem Bauern, orientieren.

Beim Einsatz von Customer Relationship Management (CRM) in der Agrarwirtschaft geht es nicht primär darum, die Kontaktfrequenz zu erhöhen. Entscheidender sind die Informationen über die Bedarfslage des einzelnen Bauern. Diese Informationen lassen sich aus den Kontaktvorgängen innerhalb der Agrarkette gewinnen, und sie gilt es tatsächlich zu sammeln und zu nutzen Wenn alle beteiligten Lieferanten ihre Informationen untereinander austauschen und zugänglich machen, gewinnt die gesamte Kette ein gemeinsames, zentrales Kundenbild. Und erst solch ein zentrales Bild spiegelt die wirkliche Bedürfnislage des bäuerlichen Betriebs wider. Auf dieser Basis können die verschiedenen Unternehmen in der Agrarkette dem Bauern relevante Mehrwerte bieten und ihn bei einer optimalen Betriebsführung unterstützen.

CRM-Einsatz in der Agrarwirtschaft

Ein Beispiel: Ist es mehrere Tage hintereinander sehr warm, droht die Gefahr, dass Tiere überhitzen, inklusive einer geringeren Milchproduktion. Um dem Hitzestress bei Temperaturen über 25° Celsius entgegenzuwirken, ist es ratsam, die Kühe durch eine spezielle Ration zusätzlicher Vitamine und Mineralien am Fressen zu halten. Die Agrarkette kann helfen, gegen das Phänomen Hitzestress vorzubeugen. Indem sie Bauern etwa per SMS mit entsprechenden Informationen versorgt, auf die Folgen der extremen Witterung hinweist und ihnen geeignete Gegenmaßnahmen vorschlägt. Auf Basis der geteilten Kenntnisse über den Viehbestand lassen sich dem konkreten bäuerlichen Betrieb zielgerichtete Empfehlungen für Beweidung, Futtermanagement und Unterbringung geben, gekoppelt mit der Lieferung der zusätzlich nötigen Mineralien.

Ein weiteres Szenario: Ein Bauer benötigt ein Ersatzteil für die Spritzmaschine, die er erst vor kurzem angeschafft hat. Dieses Teil kauft er bei einem Händler, der es seinerseits von einem Ersatzteilgroßhändler bezogen hat, der es wiederum vom Hersteller der Maschine geliefert bekam. Fällt das Ersatzteil unter die Garantie, wandert der Garantieantrag durch die gesamte Kette – bis der Hersteller bestimmt, ob die Garantie gewährt wird. Ein unnötig arbeitsintensiver und undurchsichtiger Prozess. Teilen die Stationen der Agrarkette dagegen die Informationen, kann der Garantieantrag viel schneller bearbeitet werden: er wird direkt an den Hersteller gestellt. Tauscht die Kette derlei Informationen aus, erhält sie zudem viel mehr Einsicht in häufig auftretende Probleme (wie hier in den Schwachpunkt der Spritzmaschine) und kann sie beheben oder ihnen vorbeugen.

Kombiniert die Kette ihre Informationen, stärkt sie ihre Rolle. Dank CRM-Einsatz und zentralem, einheitlichem Kundenbild lernt sie, die Bedürfnisse des Bauern wirklich zu verstehen. Gemeinsam sind alle Beteiligten in der Lage, dem bäuerlichen Betrieb völlig neue Mehrwerte zu bieten. Dies stärkt nicht nur jedes Mitglied der Agrarkette. Auf diese Weise leistet die Kette auch einen wesentlichen Beitrag für die Verbesserung der gesamten Betriebsführung der bäuerlichen Kunden. Das Gespräch am Küchentisch mag von gestern sein, aber dem gemeinsamen CRM in der Agrarkette gehört die Zukunft.

*Der Autor Herman Bodewes ist Agrilab Account Manager bei CRM Partners.

 Quelle:http://www.itmittelstand.de