Die Befürchtungen wachsen, ob der
kometenhafte Aufstieg des badischen Softwarehauses SAP zu einem der
wichtigsten deutschen Unternehmen mit einer alljährlichen
Wachstumsgarantie im zweistelligen Prozentbereich langsam dem Ende
entgegen geht.
FRANKFURT/M. -Die Aktie der Walldorfer Softwareschmiede
SAP erscheint in diesen Tagen verlockend wie lange nicht mehr. Am
Freitag hat der Kurs kurzfristig die Marke von 70 Euro
unterschritten. Der Preis für die Papiere des
Dax-30-Unternehmens ist damit auf dem Niveau von 1997 angekommen,
und das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) nähert sich mit
einem Wert von rund 30 ganz allmählich wieder Regionen, in
denen auch Konkurrenten wie Oracle (KGV 21) oder Microsoft (KGV 24)
notieren.
Den außergewöhnlichen Erfolg verdankt das Unternehmen
der Entwicklung und Installation von Softwaresystemen für
Unternehmen. Anfänglich programmierten die SAP-Experten
Programme für die Finanzbuchhaltung sowie die
Personalverwaltung großer Industrieunternehmen. Mit dem
Erfolg wuchsen die Palette der Softwareprodukte und Funktionen der
Unternehmenssoftware, die unter den Namen R/3 und MySAP.com in
mittlerweile rund 18 000 Unternehmen eingesetzt wird. SAP hat sich
heute auch in neuen Feldern wie der Kundenbetreuung (CRM) und der
Einbindung von Lieferanten in die Produktionsprozesse (SCM) einen
festen Platz unter Mitbewerbern wie Siebel oder I2 erobert.
Mit dem Verkauf neuer Lizenzen, aber auch der Wartung
installierter Systeme und der Schulung von Kundenmitarbeitern haben
die Walldorfer bislang klotzig Geld verdient. Doch entgegen den
eigenen Erwartungen hat nun die Wirtschaftskrise den Wachstumsmotor
zum Stottern gebracht. Kunden zögern neue Aufträge hinaus
oder verschieben die Modernisierung der Software auf bessere
Zeiten. Vor wenigen Wochen musste SAP deshalb von seiner für
2002 gestellten Umsatzprognose von plus 15 % abrücken. Ein
Teil der verschobenen Aufträge wird mit einem einsetzenden
Aufschwung zurückkommen. Trotzdem sind Zweifel angebracht, ob
SAP über den Zeitraum von mehreren Jahren hinweg das enorme
Wachstumstempo der Vergangenheit wird halten können.
Zum einen liegt der Marktanteil von SAP im europäischen und
speziell im deutschen Heimatmarkt bereits relativ hoch,
während sich die Deutschen auf dem wichtigen US-Markt noch
immer schwer tun.
Systeme zu teuer
Noch wichtiger ist, dass SAP wenig Erfolg bei dem Versuch hat,
in mittelständischen Unternehmen Fuß zu fassen. Anders
als bei Großkonzernen hat dort eine riesige Zahl von
Unternehmen noch kaum in elektronische Geschäftsprozesse
investiert. Doch bei vielen Mittelständlern gelten die Systeme
von SAP als zu teuer und zu kompliziert. Sie wurden, so die Kritik
vieler Mittelständler, für Managementbedürfnisse von
Großunternehmen entwickelt. Im Mittelstand steht jedoch die
Produktion im Mittelpunkt. Management und Verwaltung müssen
dort mit möglichst geringem Aufwand – quasi nebenbei –
erledigt werden.
SAP hat dieses Problem zwar erkannt und durch mehrere
Mittelstandsoffensiven sowie zuletzt durch den Kauf einer
israelischen Softwarefirma versucht, diesen Markt zu
erschließen. Doch der Erfolg hält sich bisher in
Grenzen.
Quelle: Handelsblatt