München (Computerwoche vom 13. Oktober –
rg)
Der S3 AG, Hamburg, steht das Wasser bis zum Hals: Der CRM-Anbieter
ist zahlungsunfähig und beantragte nun die Aufnahme eines
Insolvenzverfahrens. Zudem hat ein Teil der Belegschaft
gekündigt und eine neue Gesellschaft gegründet.
Vom geplanten Börsengang ist die S3 AG weiter entfernt als
je zuvor. Vorstand Hans-Jürgen Look bestätigt
gegenüber der CW, dass das Unternehmen am 28. September 2000
ein Insolvenzverfahren beantragt hat.
Look und Vorstandskollege Peter Spitzner hatten den Vorsitz des
Unternehmens erst Mitte August von den Gründungsmitgliedern
Rüdiger und Bernadette Trautmann übernommen. Ein von
allen Beteiligten begrüßtes Sanierungskonzept sei an
kurzfristig aufgetretenen Finanzierungslücken gescheitert, so
Look. Außerdem habe sich das operative Geschäft in den
letzten Quartalen schlechter entwickelt als erwartet.
Die S3 AG war 1998 aus der Fusion der DCS GmbH, Esse, mit der
TIS GmbH, Hilden sowie der IVM GmbH, Hamburg, hervorgegangen. Im
Dezember 1999 stieg zusätzlich die Münchner Nemetschek AG
als stiller Teilhaber mit 30 Prozent ein. Mit rund 18 Millionen
Mark Umsatz im Jahr 1999 zählte das Unternehmen zu den Top Ten
im deutschen CRM-Markt.
Exodus der ehemaligen IVM-Mitarbeiter
Die interne Krise sorgt auch in der Belegschaft für Bewegung.
Bereits Anfang Juli verließen die früheren
IVM-Mitarbeiter Andreas Schulz, verantwortlich für das
Projekt-Management sowie Axel Voß und Ole Brunke,
Entwicklungschefs für das Produkt „Sales Office“,
das Unternehmen. Mit drei Kollegen, die ebenfalls gekündigt
hatten, gründeten sie unter dem Dach der Orbis AG eine neue
Gesellschaft, die Orbis Hamburg GmbH. Neben den sechs
Ex-S3-Angestellten stellt hier das Mutterunternehmen Orbis AG den
siebten Gesellschafter.
Mittlerweile sind insgesamt 25 ehemalige S3-Mitarbeiter zum
Konkurrenten gewechselt. Die neue Gesellschaft will sich neben der
Weiterentwicklung der Orbis-Lösung „IC Solution“
für den Konsumgütermarkt auch um die künftige
Betreuung von S3/IVM-Kunden kümmern.
Was die Zukunft der S3 AG angeht, äußerte sich Look
dennoch verhalten optimistisch. Die durch den Weggang entstandenen
Lücken im Konsumgüterbereich sei zwar bedauerlich, da
dieser in der Vergangenheit rund ein Drittel des Gesamtumsatzes
erwirtschaftet habe; trotzdem liege hierin nicht der Grund für
die finanziellen Probleme. Look erwartet, dass das
Insolvenzverfahren im Dezember dieses Jahres eröffnet werden
kann.
Weitere Finanzierung noch nicht klar
Die Voraussetzungen hierfür prüft derzeit ein vom
Amtsgericht Düsseldorf eingesetzter Insolvenzverwalter der
Anwaltskanzlei Piepenburg & Dr. Kebekus, Düsseldorf. Die
Frage, ob die S3 AG unter ihrem bisherigen Namen weiterbestehen
wird, konnte Look nicht beantworten. Es sei unklar, welche
Möglichkeiten sich zur weiteren Finanzierung des Unternehmens
ergäben.
Darüber hinaus wolle S3 wie angekündigt auf der
Düsseldorfer CRM Expo im Dezember seine neue
Entwicklungsplattform vorstellen, so der Vorstand. Gerüchten
zufolge war damit nach dem Exodus der ehemaligen IVM-Mitarbeiter
nicht mehr zu rechnen. Look bekräftigte allerdings, dass diese
Entwicklungsumgebung branchenunabhängig sei und damit nicht
vom Weiterbestehen der Konsumgüterlösung
abhänge.
Wenn es der S3 AG in absehbarer Zeit nicht gelingen sollte,
zusätzliche Geldgeber oder einen finanzkräftigen
Käufer aufzutreiben, dürfte sich jedoch das
Neukundengeschäft und damit ein Überleben des
Unternehmens äußerst schwierig gestalten.